Verklebt

Du schließt die Kamera-App.
Nach kurzem Zögern
schaltest du das Smartphone aus.

Die Augen schließt du auch.
Schemenhafte Reste bunter Reels
erlöschen sträubend unter deinen Lidern,
zuckersüße Phantasieverkleber.

Die Brandung hörst du, Wellenkronen
schäumend, brechend, seufzend
über den Sand,
deine Schuhe kühn umspielend.

Du fühlst den Atem , den Wind, die Gischt, über das Meer.
Kraftvoll, frisch und ewig jung, mit deinen Haaren spielt.
„Willkommen“, flüstert er,
„Da bist du ja wieder. Ich hab’ dich gleich erkannt.“

Du fragst dich,
was du verloren hast für das bequeme Leben.
Bist weit gekommen, hast das Glück hier gelassen.
War es das wert?

Nur ein Zelt war es, nur ein Golf mit Choke,
Straßenkarten im Taschenlampenlicht und Wein vom Discounter.
Und der eine, der dich zum Lachen brachte,
nur mit Strand, Zelt, Rilke und Brecht und Sternen über dem Meer.

Ein Sommertagsnachmittag

Ich liege in einem Feld,
voller Sommer, voller Reife
und voller Ähren,
weit draußen,
weit entfernt von allem.
So weit, dass kein Geräusch jeglicher
Zivilisation auf den Hügel dringt.

Ich liege am Rand, grasbegrünt, von Kamille umgeben, weich,
warm.
Zirpende Konzerte versteckter Musiker, begleitet vom Gesang der Goldammer.
Meine Kamera thront auf dem Stativ,
der Auslöser an langer Schnur,
baumelt verträumt im Wind.
Im Schatten einer Eiche steht das Stativ, fest auf drei Beinen ruht es.

Im Schatten der Eiche liege auch ich.
Ich liege so dort und bin entschlummert, während ich warte.
Warte auf das rechte Licht und die flauschigen Wolken.
Erst am späten Nachmittag, die Sonne wirft schon lange Schatten, erwache ich.
Mein Kopf liegt weich, liegt warm, liegt gebettet in einem Schoß.
Dein Blick auf meinem Gesicht, voller Güte, voller Wärme,
Seelenwärme,
streichelst du mir über den Kopf.
Du findest mich, in tiefster Natur,
lässt mich schlafen,
einen Sommertagnachmittag lang.

Deine Farben

Du fragst mich, wo ich her komm’?
Aus tiefer, kalter Erde,
aus langer Winternacht.
Monate verharrte ich,
allein der Gedanke
die Frühlingssonne zu erblicken
mochte mir gefallen.

Der Enge zu entkommen,
meine Wurzeln zu schlagen,
mich empor zu recken,
meine Blüten im Licht zu baden,
die Farbe zurück in die Welt zu bringen.
All’ das träumte ich in lagem Winterschlaf.

Jetzt weißt Du, wo ich her komm’,
und ich freu’ mich ganz besonders
DICH zu sehen.

 

 

Fieber

Die Mutter liegt im Fieber,
atmet flach,
es geht ihr nicht gut.

Fieberträume jagen sie,
ihre Haut brennt
schrecklich,
Wunden reißen auf,
vielfach.
Es geht ihr wirklich nicht gut.

Immer verzweifelter,
immer ängstlicher,
drastischer
versucht sie sich zu wehren.
Immer stärker wird die klamme Angst.

Was ist,
wenn sie es nicht schafft?

Was ist,
wenn sie ihren Parasiten nicht los wird?

(weitblicklyrik.de)

Ich wünschte es wär’ schon Frühling,

Ich wünschte es wär’ schon Frühling,
der laue Wind spielt wieder mit Deinem Haar.
Ich wünschte es wär’ diese grüne Wiese,
die so viel von uns weiß und doch schweigt.

Schüchterne Sonne bricht sich in
Deinen Augen.
Eine Blüte steckt in deinem Haar.
Meine Lippen an Deinem Hals.

Nur ein Reh betrachtet scheu
hüllenloses Treiben.

Regenzeit

Sie kam ganz still über Nacht.
Erst verhalten flüsternd,
dann mit stetig steigender Kraft.
Erfreut;
die Mutter
öffnet weit ihren Kelch.
Blütenglanz aus Staub erwacht.

Zu lange war die Trockenheit.
Hitze, Sturm und Flammenschlag
hatten sie taub gemacht.

Tropfen
für Tropfen
in sie rinnt.

Tropfen
für Tropfen
die Erlösung bringt.

Regenzeit.

 

Danach

Und wenn
ich einmal gehen muß,
dann leg‘ mir keine Schnittblumen auf das Grab.

Pflanze Sommerflieder,
Lavendel und Salbei,
damit all‘ die Hummeln und Schmetterlinge
mich besuchen kommen,
an den Blüten naschen,
mir vom Sommer erzählen.

Pflanze Katzenminze,
damit mich in der Nacht
all‘ die Streuner besuchen kommen,
bei mir liegen mit samtenen Pfoten,
und mit geheimnisvoll, irisierenden Augen
von ihren Ausflügen erzählen.

Und zum Schluß,
pflanze ein tränendes Herz,
damit auch Du
ab und an
wiederkommst.
(weitblickpoesie.de)

Pinterest:

 

Tag der Tiere

„Ich könnt‘ mich jetzt ja mal putzen“, dachte sich die Katze und stahl sich aus ihrem Schlafplatz unterhalb meines Liegestuhls.
Putzen, das geht nur, wenn einem die Menschen, die ihre Beine selbst nicht mehr halb so weit in die Luft strecken können, wie Katz’ es kann, dabei zuschauen.
So saß sie wenig später auf dem hölzernen Gartentisch und putzte sich mit hinterhältigem Grinsen dort, wo nie die Sonne scheint.
Und somit endet nun mein Tag der Tiere.

Er begann damit, dass die Amselküken im Nest auf dem Holzstapel hinter dem Haus, ihre kollektive Nestflucht beschlossen.

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Frau Luna

Ich spür’ Dich schon,
spür’ Dich schon den ganzen Tag.
Meine Sinne köcheln,
mein Blut, es rauscht.
Ich nehm’ die Witterung auf.

Ich spür‘ Dich schon,
Dein Versteck –
hinter dem Horizont,
es nutzt dir nichts.
Ich spür’ Dich schon den ganzen Tag.

Komm‘ raus,
Vollweib,
dusche mich mit deinem Licht.
Mein Fell,
die Rute,
sie stellen sich auf.

Bring‘ mich zum Heulen,
zieh mich in Deinen Bann,
mit Deiner runden,
üppigen Pracht.
Ich belle Dich an, bin dir verfallen,
in kalter Winternacht.

(weitblickpoesie.de)

 

Frau Luna und der Wolf

Frau Luna und der Wolf