Gefallen

Ich habe versagt.

Auf dem Boden knie ich,
auf kaltem, nassen Erdenboden.
Dein Körper: Tot. Neben mir.
Meine Flügel: Gebrochen.
Kraftlos,
nutzlos hängen sie an mir herab.

Geliebter Mensch,
Schützling,
ich habe versagt.

Wie oft hielt ich Dich,
als Du drohtest zu fallen,
wie oft lag meine Hand schützend über Dir.
Ich war immer bei Dir,
von Deinem ersten Herzschlag an
war ich in Deiner Nähe,
niemals habe ich geschlafen.
Immer über Dich gewacht.

Doch jetzt habe ich versagt,
mein rettender Griff
entglitt Deiner Hand.

Es gibt nichts,
nichts was mich entschuldigen könnte.

Ich habe versagt.

 

Reisevorbereitungen

Nun packe ich meine Sachen,
hier gibt es nichts mehr zu tun.
Alles habe ich erledigt,
vieles in meinem Leben getan.
Viele Taten,
Dummheiten waren auch dabei,
doch ich bin mir sicher,
spricht man in Zukunft über mich,
so wird es freundlich, mit warmen Gedanken sein.

Ich habe geliebt, gelebt, geholfen.
Freundschaften gefunden,
Liebe gefunden
und nie gehasst,
zumindest nie sehr lang.

Ich packe meine Sachen,
um sie hier zu lassen.
Für alle, die mich lieben, als letzten Gruß.
Wo ich hinreisen werde,
wo ich sein werde,
da brauche ich sie nicht.

Und jetzt steht ER an meiner Seite.
Willkommen, ich habe Dich erwartet.
Komm lass uns gehen,
zeige mir den Weg,
in das neue Land,
mich verlangt es,
alte Freunde wieder zu sehen.

weitblickpoesie.de

 

Reisevorbereitungen

Wenn ich von Dir gehen muss

Und wenn ich von Dir gehen muss,
mir keine Zeit mehr bleibt,
so bleibe ich Dir treu.
Ich komme zu Dir zurück.
Achte auf meine Zeichen.

Die Vergissmeinnicht,
kleine Farbtupfer im Gras,
sie sind von mir.

Den Amselsänger am Tagesende,
hoch oben ein Lied Dir singt.
Ich habe ihn Dir geschickt.

Achte auf den lauen Wind,
der den Frühling begleitet,
er flüstert Dir meine Liebe ins Ohr.

Das tränende Herz,
es erblüht für Dich
genau so wie
die warme Sonne ,
die Dich an einem Samstag streichelt,
ich bin es.

All die Schmetterlinge,
schicke ich dir,
sie tanzen nur für Dich.

Ich bin bei Dir,
bleibe Dir treu,
in jedem Leben.

(weitblickpoesie.de)

Schmetterling

Anja Seeberg | (M)ein Nachruf

Manchmal passieren Dinge, die sind so irrational, dass sich der Verstand weigert sie zu glauben.
So passierte es mir am Samstag morgen.

Am Freitag, den 18.09.2015 verließ meine alte Freundin Anja Seeberg diese Welt.
Einfach so, unvermittelt, plötzlich und mit einer Schnelligkeit, die einen mehr als Betroffen macht.
Die einen sprachlos macht.
Wortlos macht.

Unabhängig von den vielen privaten, lustigen und tiefsinnigen Mails und Gesprächen ist Anja mit Weitblickpoesie auf besondere Weise verbunden.
Viele meiner frühen Texte las sie als erste.
Sie verstand sie, applaudierte, kritisierte und redigierte meine Texte, bis sie letztendlich den Weg in die Öffentlichkeit fanden.
Sie ermutigte mich, machte Vorschläge und war nicht nur die erste FB-Abonnentin von Weitblick, sie war auch mein einziger Admin und die allererste Bestellerin des ersten Weitblickkalenders.

Ihr Tod trifft mich schwer.

An einen Text erinnere ich mich genau.
Ich schrieb ihn am Ende des Sommer, er handelte vom Ende des Sommers und während der Entstehungsphase flogen die Mails zwischen uns beiden nur so im Minutentakt hin und her.
Anja war sehr begeistert von dem Text, forderte mich aber immer wieder auf ihn zu ändern, zu modulieren, zu formen.
Und nach etlichen Versionen, nach vielem Hin- und her, kam dann ihre Mail:

Ja, so ist er perfekt.

Und doch, liebe Anja, möchte ich den Text noch ein mal abändern. Ich hoffe Du hast nichts dagegen.
Ich schrieb ihn am Ende des Sommers,
Du gingst am Ende des Sommers,
Und du warst von dem Text angetan.

Und so verändere ich ihn nur ein klein wenig, ich füge nur zwei Worte hinzu: „Für Anja”

Tschüß Anja, tieftraurig – Weitblick

Sommers Ende (Für Anja)

Am Ende des Sommers, wenn der Abschied kommt.
Halt ich bei dir ein
sag‘ leise „mach’s gut“.
Ich streich‘ behutsam über deine samtene Haut.
Eine Blüte fällt schwermütig tanzend
tränengleich.

 

 

Ich lass Dich nicht allein.

 

In meinen Träumen, da hast Du Flügel.
In meinen Träumen, da sagst Du mir
dass Du mich verstehst.
In meinen Träumen, da weiß ich
dass Du jedes Wort hörst.

Die Augen geschlossen, der Verstand gefangen
in einem Verließ ohne Licht.
Ich lass Dich nicht allein,
sitze Tag und Nacht bei Dir.

Wenn ich Dir unser Lied vorsinge,
dann kommt es mir so vor, als lächeltest Du.
Ja ich weiß, gut singen kann ich nicht.

Jetzt hätten wir beide gelacht, doch allein
verfalle ich wieder der Lethargie

Monotone Geräusche niemals ruhender Maschinen.
In meinen Träumen sind sie nicht da.
In mir reift ein Entschluss.
Wenn Du keinen Weg hinaus findest,
so komme ich bald zu Dir.

Nächster Teil

All die schönen Tage

Der scheidende Sommer berührt mein Herz,
immer früher scheint Zeit des Abschieds zu kommen.
Kühler werden die Nächte, die ich am Fenster steh,
verzweifelt einen Fixpunkt such, mich in die Dunkelheit sehn.

Immer steifer die Morgenstunden im schleichendem Nebel,
voll klammen Seelentau,
tastender
innerer Kälte.

So lange her, dass ich Dein Sommerlachen hörte.
So lange her, dass Du deine Flügel spreiztest,
für mich.

Schwalbenschwanz
Lass mich in gnädigen Winterschlaf stürzen,
erwachen erst im jungen Frühlingsglanz.
Noch einen Winter ohne Dich,
möcht’ ich nicht erleben.

Die alte Bank

Hier sitze ich wieder,
nach all den Jahren,
das erste mal.

Der Weg durch die Felder,
am Waldrand entlang,
scheint mir viel kürzer,
als mit dir an meiner Hand.

Die hölzerne Bank, auf der wir Stunden verbrachten,
die Zukunft in bunten Farben malten,
sie ist alt.
Verwittert.

Das Herz im Baumstamm, es ist noch da.
Vernarbt, gewachsen,
so wie unsere Liebe wuchs.

Ich schließe die Augen,
Vogelstimmen,
es ist ein schöner Tag.
Hab’ heute Nacht von Dir geträumt.

Hoffentlich geht es Dir gut, da wo Du jetzt bist.
Ob Du manchmal an mich denkst ?

Urh. weitblick
http://weitblickpoesie.de

die_alte_bank

Einen Tag Du

Ich hätte schwören können dein Wecker hat heut‘ geklingelt,
der Kaffee war zu stark und im Radio lief Dein Lied.
Ich hatte es schon so lang’ nicht mehr gehört.

Dein Haarband fiel mir vor die Füße, im Bad,
durch dessen Fenster die Frühlingssonne schien.
Vor dem Haus blühten Deine Blumen,
zum ersten Mal in diesem Jahr und die Kraniche,
nach denen Du immer den Kopf verdreht hast,
sie grüßten trompetend vom Himmel.

Das Eiscafe, es öffnete gerade,
im alten Kino wird mal wieder ‚Dirty Dancing‘ aufgeführt.

Es gibt wieder frische Erdbeeren,
und der Baum an dem Du immer lehntest,
wenn ich Dich abholte,
er wurde heute gefällt.

Morgen komm‘ ich euch besuchen,
den Baum und anschließend Dich.
Ich bring‘ Dir Erdbeeren mit.
Und frische Blumen.

Urh. weitblick
http://weitblickpoesie.de

einentagdu