Anja Seeberg | (M)ein Nachruf

Manchmal passieren Dinge, die sind so irrational, dass sich der Verstand weigert sie zu glauben.
So passierte es mir am Samstag morgen.

Am Freitag, den 18.09.2015 verließ meine alte Freundin Anja Seeberg diese Welt.
Einfach so, unvermittelt, plötzlich und mit einer Schnelligkeit, die einen mehr als Betroffen macht.
Die einen sprachlos macht.
Wortlos macht.

Unabhängig von den vielen privaten, lustigen und tiefsinnigen Mails und Gesprächen ist Anja mit Weitblickpoesie auf besondere Weise verbunden.
Viele meiner frühen Texte las sie als erste.
Sie verstand sie, applaudierte, kritisierte und redigierte meine Texte, bis sie letztendlich den Weg in die Öffentlichkeit fanden.
Sie ermutigte mich, machte Vorschläge und war nicht nur die erste FB-Abonnentin von Weitblick, sie war auch mein einziger Admin und die allererste Bestellerin des ersten Weitblickkalenders.

Ihr Tod trifft mich schwer.

An einen Text erinnere ich mich genau.
Ich schrieb ihn am Ende des Sommer, er handelte vom Ende des Sommers und während der Entstehungsphase flogen die Mails zwischen uns beiden nur so im Minutentakt hin und her.
Anja war sehr begeistert von dem Text, forderte mich aber immer wieder auf ihn zu ändern, zu modulieren, zu formen.
Und nach etlichen Versionen, nach vielem Hin- und her, kam dann ihre Mail:

Ja, so ist er perfekt.

Und doch, liebe Anja, möchte ich den Text noch ein mal abändern. Ich hoffe Du hast nichts dagegen.
Ich schrieb ihn am Ende des Sommers,
Du gingst am Ende des Sommers,
Und du warst von dem Text angetan.

Und so verändere ich ihn nur ein klein wenig, ich füge nur zwei Worte hinzu: „Für Anja”

Tschüß Anja, tieftraurig – Weitblick

Sommers Ende (Für Anja)

Am Ende des Sommers, wenn der Abschied kommt.
Halt ich bei dir ein
sag‘ leise „mach’s gut“.
Ich streich‘ behutsam über deine samtene Haut.
Eine Blüte fällt schwermütig tanzend
tränengleich.

 

 

Ich lass Dich nicht allein.

 

In meinen Träumen, da hast Du Flügel.
In meinen Träumen, da sagst Du mir
dass Du mich verstehst.
In meinen Träumen, da weiß ich
dass Du jedes Wort hörst.

Die Augen geschlossen, der Verstand gefangen
in einem Verließ ohne Licht.
Ich lass Dich nicht allein,
sitze Tag und Nacht bei Dir.

Wenn ich Dir unser Lied vorsinge,
dann kommt es mir so vor, als lächeltest Du.
Ja ich weiß, gut singen kann ich nicht.

Jetzt hätten wir beide gelacht, doch allein
verfalle ich wieder der Lethargie

Monotone Geräusche niemals ruhender Maschinen.
In meinen Träumen sind sie nicht da.
In mir reift ein Entschluss.
Wenn Du keinen Weg hinaus findest,
so komme ich bald zu Dir.

Nächster Teil

All die schönen Tage

Der scheidende Sommer berührt mein Herz,
immer früher scheint Zeit des Abschieds zu kommen.
Kühler werden die Nächte, die ich am Fenster steh,
verzweifelt einen Fixpunkt such, mich in die Dunkelheit sehn.

Immer steifer die Morgenstunden im schleichendem Nebel,
voll klammen Seelentau,
tastender
innerer Kälte.

So lange her, dass ich Dein Sommerlachen hörte.
So lange her, dass Du deine Flügel spreiztest,
für mich.

Schwalbenschwanz
Lass mich in gnädigen Winterschlaf stürzen,
erwachen erst im jungen Frühlingsglanz.
Noch einen Winter ohne Dich,
möcht’ ich nicht erleben.

Die alte Bank

Hier sitze ich wieder,
nach all den Jahren,
das erste mal.

Der Weg durch die Felder,
am Waldrand entlang,
scheint mir viel kürzer,
als mit dir an meiner Hand.

Die hölzerne Bank, auf der wir Stunden verbrachten,
die Zukunft in bunten Farben malten,
sie ist alt.
Verwittert.

Das Herz im Baumstamm, es ist noch da.
Vernarbt, gewachsen,
so wie unsere Liebe wuchs.

Ich schließe die Augen,
Vogelstimmen,
es ist ein schöner Tag.
Hab’ heute Nacht von Dir geträumt.

Hoffentlich geht es Dir gut, da wo Du jetzt bist.
Ob Du manchmal an mich denkst ?

Urh. weitblick
http://weitblickpoesie.de

die_alte_bank

Einen Tag Du

Ich hätte schwören können dein Wecker hat heut‘ geklingelt,
der Kaffee war zu stark und im Radio lief Dein Lied.
Ich hatte es schon so lang’ nicht mehr gehört.

Dein Haarband fiel mir vor die Füße, im Bad,
durch dessen Fenster die Frühlingssonne schien.
Vor dem Haus blühten Deine Blumen,
zum ersten Mal in diesem Jahr und die Kraniche,
nach denen Du immer den Kopf verdreht hast,
sie grüßten trompetend vom Himmel.

Das Eiscafe, es öffnete gerade,
im alten Kino wird mal wieder ‚Dirty Dancing‘ aufgeführt.

Es gibt wieder frische Erdbeeren,
und der Baum an dem Du immer lehntest,
wenn ich Dich abholte,
er wurde heute gefällt.

Morgen komm‘ ich euch besuchen,
den Baum und anschließend Dich.
Ich bring‘ Dir Erdbeeren mit.
Und frische Blumen.

Urh. weitblick
http://weitblickpoesie.de

einentagdu